Sehbehinderung - Segen oder Fluch?

Auch dieser Gedanke ist einer Konversation mit Rödermarker entsprungen. Dieses mal ging es in einer Unterhaltung per SMS darum, dass er - obwohl recht vie zu tun war - mal wieder extrem die Couch am strapazieren war. Er wollte das nicht zugeben, und wird es wahrscheinlich auch noch bis zum heutigen Tag bestreiten. Jedenfalls warf ich ihm dann irgendwann mal vor, dass er die Realität nicht vertragen kann (was übrigens ein gerne von mir angebrachter Vorwurf gegenüber so ziemlich allen Leuten ist, die ich etwas ärgern möchte). Dies ging dann auch gleich Hand in Hand mit dem Wort ‚Kurzsichtig'.

Einige Zeit später habe ich mir dann mal ein paar Gedanken gemacht, warum in einem solchen Zusammenhang dieses Wort überhaupt Sinn macht. Die Antwort ist wohl offensichtlich: man sieht nur das, was direkt vor einem liegt und man hat den Blick für das grosse Bild verloren. Soweit also alles Klar.

Der nächste Schritt ging dann in die andere Richtung: was bedeutet dann wohl das Wort Weitsicht? In Bezug auf andere Leute ist das ja positiv gesehen und meint, dass man vorausdenkt, umsichtig ist und solchen Kram. Nun aber zur Medizin: hier sagt es, dass man die Ferne gut sehen kann, was ja auch mit Eigenschaften wie guter Planung und Vorausdenken einhergeht. Aber mal weiter gedacht: weitsichtige Leute brauchen ja auch eine Brille - und das nicht ohne Grund, da die ja nicht so richtig gut sehen, was recht nahe vor ihnen ist. Zurück zur Redensart. Das würde dann ja quasi heissen, dass wenn man jemanden als sehr weitsichtig bezeichnet (und der das eigentlich als positiv auffasst), man ihm eigentlich gleichzeitig vorwirft, den Blick für das Nahe - also die kleinen Dinge im Leben im Hier und Jetzt, die so schön sein können - verloren hat. Und da der Mensch ja bekanntlich im Jetzt lebt, ist Weitsichtigkeit dann quasi auch ein Ausdruck für realitätsfremde Leute, oder?

OK - um das ganze mal zusammenzufassen: ob nun Kurz- oder Weitsichtig, man kann beiden Typen Realitätsfremde vorwerfen. Nun die Frage, die sich quasi aufdrängt: Ist ein Knick in der Optik denn die einzig wahre Behinderung, oder kann man dies auch einem nicht sehbehinderten vorwerfen und ihm damit irgendwelche Eigenschaften zuordnen. Wenn ja - läuft es dann auch auf Realitätsfremde heraus, oder gibt es in der grossen weiten Welt der metaphorischen Sehbehinderungen auch mal etwas Abwechslung?

 

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